Robby Müller (1940–2018) war eine Lichtgestalt, nur anders, als man dieses Wort gemeinhin versteht. Er hätte gut einen der weisen und wortkargen Indianer in Jim Jarmuschs Spätwestern „Dead Man“ darstellen können. Das ging nur nicht, weil er für diesen Film als Director of Photography fungierte und dort wie in rund 70 anderen Meisterwerken des internationalen Autorenkinos sein spezielles, einerseits fest und wie gemalt, aber zugleich durchscheinend und flirrend sich gebendes Licht auf die Leinwand zauberte.
Über Jahrzehnte führte der Kameramann ein Videotagebuch, das die Filmemacherin Claire Pijman bereits für die große Ausstellung „Master of Light“ im Amsterdamer Filmmuseum EYE aufarbeitete und welches sie nun in ihrem eigenen Film „Living the Light“ als zentralen Bildfundus nutzt. Über einer Sequenz zwischen Dennis Hopper und Nicholas Ray aus Wim Wenders’ „Der amerikanische Freund“ erzählt die Kamerakollegin Agnès Godard, dass Meisterschaft für sie erst darin zum Ausdruck kommt, wenn sich die Grandezza einer Kameraarbeit in den Szenen selber zum Verschwinden gebracht hat, weil sie wie selbstverständlich darin enthalten ist. Seltsam, dass man Robby Müllers Bilder fast immer auch zu hören glaubt. In „Living the Light“ wird dieser Eindruck forciert durch fein improvisierte Soundscapes von Jim Jarmusch und Carter Logan.
Ralph Eue
Nominiert für den Dokumentarfilmpreis des Goethe-Instituts