Filmarchiv

Internationales Programm 2016
21 x New York Piotr Stasik

Verängstigte und Aufgekratzte, Erleuchtete und Verwirrte, Notgeile und Befriedigte. Menschen in NYC. Der A-Train als Erzählmuster rasanter Bildläufe und meditativer Passagen. Eine Pop-Perle.

21 x New York

Dokumentarfilm
Polen
2016
70 Minuten
Untertitel: 
englische

Credits DOK Leipzig Logo

Produktion
Agnieszka Wasiak
Regie
Piotr Stasik
Kamera
Piotr Stasik
Schnitt
Dorota Wardęszkiewicz, Tomasz Wolski, Piotr Stasik
Ton
Michał Fojcik
Mag sein, dass die 21 eine willkürliche Zahl ist: Porträts von 21 Personen, die in der Summe für die Gesamtheit der mehr als acht Millionen Einwohner von New York City stehen, sie repräsentieren sollen? Das ist keine valide Menge, würde jeder Statistiker sagen und hätte recht damit. Doch gottlob geht es im Kino nur ganz am Rand, wenn überhaupt, um Statistik.

„21 x New York“ beginnt mit dem Bild eines in der Subway-Röhre auftauchenden „A“-Trains und erschafft sich mit diesem selbstbewussten Hinweis auf eines der größten Jazzstücke des 20. Jahrhunderts zugleich das Muster für das eigene Erzählen. In der Folge sind zu sehen: Verängstigte und Aufgekratzte, Erleuchtete und Verwirrte, notgeile Passanten und befriedigte Paare. Extrem schnelle Wechsel zwischen den einen und den anderen, weniger kontrastierend als kaleidoskopisch. Unterbrochen werden die rasanten Bildläufe immer wieder von meditativen Passagen, und über den Bildern, als würden Stimmen aus dem Speicher eines künstlichen neuronalen Netzes zugeschaltet, Erzählungen oder Räsonnements einiger Protagonisten aus diesem aufregenden Geperle. Man könnte glauben, Baudelaire sei wieder auferstanden, hätte Zeit, Ort und Medium gewechselt und noch einmal eine Reihe von lyrischen Tableaus begonnen. Herausgekommen wären dann keine „Tableaux Parisiens“, sondern „Tableaux New Yorkaises“ oder eben „21 x New York“.

Ralph Eue


Nominiert für MDR-Filmpreis

Ab Ovo

Animationsfilm
Polen
2013
6 Minuten
Untertitel: 
_ohne Dialog / Untertitel

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Produktion
Marcin Malatyński
Regie
Anita Kwiatkowska-Naqvi
Musik
George Antoniv
Kamera
Anita Kwiatkowska-Naqvi
Schnitt
Anita Kwiatkowska-Naqvi
Animation
Anita Kwiatkowska-Naqvi
Buch
Anita Kwiatkowska-Naqvi
Der Film zeigt das Erwachen eines neuen Lebens und die Veränderung eines weiblichen Körpers, der seine gewohnte Form verliert. Die Sinneswahrnehmungen werden immer deutlicher, bis zu dem Moment, in dem das Baby die Grenzen des mütterlichen Körpers verlässt.
Internationales Programm 2015
Don't Lose Your Head Karolina Specht

Allzu viele Inhalte menschlicher Kommunikation bleiben Kopfgeburten und recht kurzlebig. Wie die Revolution ihre Kinder fressen die Sprechblasen sich selbst, während das System sich beständig reproduziert. Geht es um Medien, Kirche, Politik? Das entscheide jeder selbst.

Don't Lose Your Head

Animationsfilm
Polen
2015
4 Minuten
Untertitel: 
_ohne Dialog / Untertitel

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Produktion
Marcin Malatyński
Regie
Karolina Specht
Kamera
Karolina Specht
Schnitt
Karolina Specht
Animation
Karolina Specht
Buch
Karolina Specht
Ton
Bogdan Klat, Wieslaw Nowak
Allzu viele Inhalte menschlicher Kommunikation bleiben Kopfgeburten und recht kurzlebig. Wie die Revolution ihre Kinder fressen die Sprechblasen sich selbst, während das System sich beständig reproduziert. Geht es um Medien, Kirche, Politik? Das entscheide jeder selbst. Ironisch schraubt die Computeranimation die Wiederholungsspirale der „Talking Heads“ weiter und setzt dafür nicht Sprache, sondern Bildsprache ein: die der grafischen Icons, die unsere Verständigung erleichtern. Oder auch nicht.

Lars Meyer
Internationales Programm 2015
Fences Natalia Krawczuk

Ein einsamer Baum in einem Bretterwald – und ein kleiner Vogel, der ihn anschmachtet. Zwei Hunde, die sich ankläffen, solange Latten zwischen ihnen stehen. Menschen, die sich umzäunen oder gar nicht merken, wenn Zäune verschwinden.

Fences

Animationsfilm
Polen
2015
7 Minuten

Credits DOK Leipzig Logo

Produktion
Marcin Malatyński
Regie
Natalia Krawczuk
Kamera
Natalia Krawczuk
Schnitt
Magdalena Chowańska
Animation
Natalia Krawczuk
Buch
Natalia Krawczuk
Ton
Ewa Bogusz
Ein einsamer Baum in einem Bretterwald – und ein kleiner Vogel, der ihn anschmachtet. Zwei Hunde, die sich ankläffen, solange Latten zwischen ihnen stehen. Menschen, die sich umzäunen oder gar nicht merken, wenn Zäune verschwinden. Die grotesken Episoden zum einstudierten Grenzverhalten könnten auch von Roy Andersson stammen. Doch anders als in dessen opulenten lebenden Tableaus reduziert Natalia Krawczuk ihre Bildsprache mit einem schlichten Zeichenstil, der auch politische Lesarten erlaubt.

Lars Meyer
Internationales Programm 2017
How to Destroy Time Machines Jacek Piotr Bławut

Jeph Jerman reibt Stöcke aneinander und nimmt das Schlagen von Blättern gegen Fenster auf. Er lässt Steine fallen und kleine Knochen. Jerman ist ein Sound- und Mind-Forscher.

How to Destroy Time Machines

Dokumentarfilm
Polen
2017
39 Minuten
Untertitel: 
keine

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Produktion
Anną Bławut-Mazurkiewicz
Regie
Jacek Piotr Bławut
Kamera
Adam Palenta
Schnitt
Aleksandra Gowin, Katarzyna Śpioch
Jeph Jerman reibt Stöcke aneinander und nimmt das Schlagen von Blättern gegen Fenster auf. Er lässt Steine fallen und kleine Knochen. Er sinniert, hört, notiert. Der in Arizona lebende Experimentalmusiker möchte diese Zeitmaschinen austricksen, die tief in seinem Bewusstsein installiert sind. Sie werfen ihn vom Gestern ins Morgen und lassen dabei das so kostbare Jetzt einfach aus. Jerman ist ein Sound- und Mind-Forscher.

Carolin Weidner
Internationales Programm 2016
In Another World Anna Bedyńska

Ein Baby wird erwartet. Vorfreude. Wo liegt der Kopf, wo sind die Beine? Hier aber ist es anders. Kasia, die schon zwei Kinder und eine Karriere hat, muss sich entscheiden: Ihr Baby hat das Down-Syndrom.

In Another World

Dokumentarfilm
Polen,
Russland
2016
26 Minuten
Untertitel: 
englische

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Produktion
Marina Razbezhkina
Regie
Anna Bedyńska
Kamera
Anna Bedyńska
Schnitt
Anna Bedyńska
Buch
Anna Bedyńska
Ton
Anna Bedyńska
Ein Baby wird erwartet. Vorfreude. Wo liegt der Kopf, wo sind die Beine? Hier aber ist es anders. Kasia, die schon zwei Kinder und eine Karriere hat, muss sich entscheiden: Ihr Baby hat das Down-Syndrom. In Deutschland lassen neun von zehn Frauen dann abtreiben. Für die Katholikin Kasia schwer zu akzeptieren – ebenso wie die Option, es auszutragen. Über sechs Monate folgt die Razbezhkina-Schülerin Anna Bedyńska der Familie und rührt mit diesem Film an das letzte Tabu unserer perfekten Gesellschaft.

Grit Lemke
Internationales Programm 2019
In Touch Paweł Ziemilski

Ein Drittel der Bewohner eines polnischen Dorfes ist nach Island ausgewandert. Kontakt halten sie über Skype. Projektionen eines vermeintlich besseren auf ein vermeintlich schlechteres Leben.

In Touch

Dokumentarfilm
Island,
Polen
2018
61 Minuten
Untertitel: 
englische

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Produktion
Łukasz Długołęcki, Haukur M. Hrafnsson
Regie
Paweł Ziemilski
Musik
Arni Valur Kristinsson, Martina Bertoni
Kamera
Filip Drożdż
Schnitt
Dorota Wardęszkiewicz
Buch
Paweł Ziemilski, Łukasz Długołęcki, Haukur M. Hrafnsson
Ton
Piotr Kubiak, Paweł Szygendowski
Auf dem Weg in ein besseres Leben muss man zwangsläufig vieles hinter sich lassen. Das polnische Dorf Stare Juchy ist so ein zurückgelassener Ort. Seit den 1980er Jahren ist ein Drittel der Bevölkerung nach Island ausgewandert und niemand von ihnen ist bisher zurückgekehrt. Die Verwandten, die in Polen geblieben sind – meist Eltern und Großeltern der Emigranten –, nehmen über Skype und Facebook am Alltag der Weggegangenen teil. Selten klappt es, dass sie einander besuchen. Im sich immer weiter leerenden Dorf steht die Zeit still und die Bewohner werden zu Beobachtern eines Geschehens fernab ihrer Umgebung. Ihre Kinder machen Karriere als Polizistinnen oder Bauleiter, ihre Enkel singen isländische Popsongs, und ihnen selbst bleibt nichts anderes übrig, als vom Wetter und der Pilzernte zu berichten. Hier und da mischt sich ein zaghaftes Vermissen, auch ein drohendes Sehnen in die Gespräche. Die Hoffnung auf ein Wiedersehen stirbt zuletzt.

Paweł Ziemilski benutzt Filmaufnahmen aus Island, die er im polnischen Dorf auf jede erdenkliche Fläche projiziert. So tauchen in einem Wohnzimmer Polarlichter auf, ein Großvater spielt mit dem Abbild seines Enkels Fußball und eine Turnhalle wird zur eisigen Küste. Dieser ästhetische Kniff betont die Melancholie und Absurdität der Situation, in welcher das vermeintlich bessere und das vermeintlich schlechtere Leben eng miteinander verknüpft sind.

Kim Busch
Internationales Programm 2013
Mother 24/7 Marcin Janos Krawczyk

Das Bildnis der Schwarzen Madonna aus Częstochowa in Wohnzimmern, im Krankenhaus oder im Knast. Einblick in das Leben Gläubiger, die Antworten und Trost suchen, in bewegenden Episoden.

Mother 24/7

Dokumentarfilm
Polen
2013
30 Minuten
Untertitel: 
englische

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Produktion
Marcin Janos Krawczyk
Regie
Marcin Janos Krawczyk
Musik
Michał Lorenc
Kamera
Marcin Sauter, Michał Marczak, Marcin Kukielski, Karolina Krawczyk
Schnitt
Anna Wagner, Aleksandra Panisko, Tymek Wiskirski
Selig, wer glaubt?! Seit 55 Jahren wandert die Schwarze Madonna aus dem polnischen Pilgerort Częstochowa von Haus zu Haus, von Schicksal zu Schicksal. Eine Kopie des Bildes, zurechtgestutzt auf ein handliches, transportfähiges Maß, kann 24 Stunden lang für eine private Messe im eigenen Wohnzimmer, im Krankenhaus oder im Knast gemietet werden. Allein die Anwesenheit des Gnadenbildnisses unterbricht den Alltag, evoziert die essenziellen und existenziellen Fragen des Lebens. Es geht um Schuld und Vergeben, das Leben diesseits und jenseits, die Hoffnung auf ein Wunder.
Mit großer Empathie folgt der Regisseur Marcin Janos Krawczyk in diesem Roadmovie dem Konvoi der Heiligen durch das heutige Polen. In bewegenden Episoden gewährt er Einblick in den Alltag an Leib und Seele Verwundeter, die in der Religion Antworten suchen, die ihnen das reale Leben verweigert. Wie ein roter Faden zieht sich das Motiv der Mutter, mit der Aussöhnung gesucht wird, durch den Film. Durch die Kombination aus beschwörender Musik, langen Kamerafahrten und der Intimität der Begegnungen, die den Charakter einer Beichte haben, entsteht ein Sog, der ihn zu einer Art kinematografischer Wallfahrt stilisiert.

Cornelia Klauß

Of a Forest

Animationsfilm
Polen
2014
4 Minuten
Untertitel: 
_ohne Dialog / Untertitel

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Produktion
Marcin Malatyński
Regie
Katarzyna Melnyk
Kamera
Katarzyna Melnyk
Schnitt
Katarzyna Melnyk
Animation
Katarzyna Melnyk
Buch
Katarzyna Melnyk, Monika Dębińska
Die verstörende Geschichte eines Tieres, das sich in der Welt der Menschen nicht zuhause fühlt.
Internationales Programm 2015
Snails Grzegorz Szczepaniak

Hinreißend in Szene gesetzte Schnecken, zwei Jungunternehmer und Reichtum am Horizont der Wünsche. Das ist die Ausgangslage dieser polnischen Komödie über große Ambitionen und geplatzte Träume.

Snails

Dokumentarfilm
Polen
2015
30 Minuten
Untertitel: 
englische

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Produktion
Zuzanna Król
Regie
Grzegorz Szczepaniak
Musik
Mikołaj Majkusiak
Kamera
Daniel Wawrzyniak, Marek Kozakiewicz
Schnitt
Wojciech Janas
Buch
Grzegorz Szczepaniak
Ton
Paulina Bocheńska
Hinreißend in Szene gesetzte Schnecken, zwei Jungunternehmer und Reichtum am Horizont der Wünsche. Das ist die Ausgangslage dieser polnischen Komödie über große Ambitionen und geplatzte Träume. Schneckenzucht ist eine Wissenschaft für sich, und der Hindernisse sind da viele. Zwar geben unsere Jungunternehmer ihr Bestes, doch ist die Schnecke beharrlich in ihrem Widerstand, so langsam sie auch sein mag.

Matthias Heeder
Internationales Programm 2014
Super Unit Teresa Czepiec

Die Wohnmaschine von Le Corbusier als gigantischer Plattenbau im polnischen Katowice. Ein Spiegelkabinett der Sehnsüchte, diverser Vorlieben und gepflegter Schrullen.

Super Unit

Dokumentarfilm
Polen
2014
20 Minuten
Untertitel: 
englische

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Produktion
Adam Ślesicki
Regie
Teresa Czepiec
Kamera
Paweł Dyllus
Schnitt
Jerzy Zawadzki
Buch
Teresa Czepiec
Ton
Krzysztof Ridan
Am Anfang des Films wird auf den berühmten Schweizer Architekten Le Corbusier verwiesen, dessen Vision vom neuen Bauen in dem Begriff der „Wohnmaschine“ mündete. In einer seiner Thesen versuchte er, die Bedürfnisse des Menschen in Maßeinheiten zu beziffern. Wie viel Raum braucht ein Mensch? Wie viel steht ihm zu? Ein gigantischer Neubau im Zentrum Katowices, der größte in ganz Polen, ist die Beton gewordene Verkörperung dieser Idee. Endlose Flure und die rasselnde Haustechnik verbinden die über 700 Wohnungen, die in den späten Sechzigern erbaut wurden. Aber hinter jeder Tür offenbart sich ein Spiegelkabinett aus Sehnsüchten und Wünschen, die sich in diversen Vorlieben und Hobbys zeigen. Adieu Tristesse! Hier wird gelebt, gefeiert und im Ernstfall auch schon mal der Rahmen einer Garage ausgehebelt – nicht weil das Auto zu groß ist, sondern weil es die Menschen sind, die aus dem Wohnhaus eine „Super-Einheit“ machen und sich kraftvoll Platz verschaffen. In wenigen Skizzen erleben wir die Bewohner, wie sie den unwirtlichen Raum für sich erobern. Die „Wohnmaschine“ offenbart sich als ein Organismus, der getragen wird von der Parole: Leben und leben lassen.
Cornelia Klauß
Internationales Programm 2018
The Briefing Filip Drzewiecki

Stress und Erschöpfung im ständigen Wechsel: Filip Drzewiecki zeigt Medizinstudenten in der praktischen Ausbildung – mit einem mimetischen Interesse an der Körperlichkeit des Berufs.

The Briefing

Dokumentarfilm
Polen
2018
19 Minuten
Untertitel: 
englische

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Produktion
Ewa Jastrzębska, Jerzy Kapuściński
Regie
Filip Drzewiecki
Kamera
Jakub Giza
Schnitt
Paweł Laskowski
Buch
Filip Drzewiecki
Ton
Aleksandra Pniak, Weronika Raźna, Franciszek Kozłowski
Auf den Stress folgt die Erschöpfung und auf die Erschöpfung folgt der Stress. Ein Briefing, dann muss es schnell gehen: 37 Patienten, 10 Entlassungen, 2 Einlieferungen, 0 Tode. Mit einem mimetischen Interesse an der Körperlichkeit des Berufs begleitet Filip Drzewiecki Medizinstudenten bei der praktischen Ausbildung in der Klinik: sensibel und überlastet, neugierig und fiebrig. Dazu ein Soundtrack, durch den das Blut schießt.

Lukas Stern
Internationales Programm 2015
The Dybbuk. A Tale of Wandering Souls Krzysztof Kopczyński

In Uman prallen chassidische Pilger und ukrainische Bürger aufeinander. Antisemitismus und Nationalismus, soziale Ungleichheit und Ängste, Legenden und Rituale. Komplexe Betrachtung.

The Dybbuk. A Tale of Wandering Souls

Dokumentarfilm
Polen,
Schweden,
Ukraine
2015
90 Minuten
Untertitel: 
englische

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Produktion
Krzysztof Kopczyński, David Herdies, Gennady Kofman
Regie
Krzysztof Kopczyński
Kamera
Jacek Petrycki, Serhiy Stefan Stetsenko
Schnitt
Michał Leszczyłowski
Buch
Krzysztof Kopczyński
Ton
Mateusz Adamczyk, Marcin Lenarczyk, Sebastian Witkowski
Mit einem Ausschnitt aus dem jiddisch-sprachigen polnischen 30er-Jahre-Klassiker „Der Dybbuk“ reißt gleich zu Beginn eine Wunde auf: Die Welt des Schtetls mit ihrem alten Volksglauben gibt es nicht mehr. Doch der Totengeist, der Dibbuk, wandert auch jetzt noch umher. Und er hat viele Gesichter.

Aus der Vergangenheit tauchen wir im ukrainischen Uman kurz vor dem „Euromaidan“ wieder auf. Ein heiliger Ort für Tausende orthodoxe Juden, die während des Neujahrsfestes zum Grab des chassidischen Rabbis Nachman pilgern und das Stadtbild verwandeln. Zum Ärger ukrainischer Mitbürger, die sich vor einem Ausverkauf fürchten und mit Provokationen reagieren. Mal mit einem illegal aufgestellten Kreuz, mal mit einer Informationstafel zu Ehren des antisemitischen Kosakenführers und Schlächters Ivan Gonta. Oder etwas subtiler mit Extragebühren für einen koscheren Imbiss.

Die Welten prallen vielgestaltig aufeinander. Mit großer Neugierde fängt Krzysztof Kopczyński die kaum zu vereinbarenden Legenden und Rituale ein, die auf beiden Seiten zum Leben erwachen. Hier ein vollkommen verarmtes Land im Selbstfindungsprozess, begleitet von nationalistischen Tönen. Dort eine verlorene Tradition und die Erfahrungen des Holocausts. Wem gehört das Land? Der Film schöpft aus der Fülle des Materials, das voller Eindrücke, ungeschliffener Szenen und Fabeln steckt, und fördert dabei auch Unerwartetes zu Tage.

Lars Meyer

The Game

Animationsfilm
Polen
2011
5 Minuten
Untertitel: 
_ohne Dialog / Untertitel

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Produktion
Tomasz Paziewski, Badi Badi f/x Studio
Regie
Marcin Janiec
Musik
Lukasz Targosz
Schnitt
Jaroslaw Barzan
Buch
Marcin Janiec
Irgendwo zwischen Leben und Tod findet ein packendes Schachspiel statt. Der Einsatz ist hoch – ein Tor zur Welt der Lebenden. Und der Schiedsrichter ist jemand, dem man definitiv nicht begegnen will…
Internationaler Wettbewerb Animadok 2016
The Gentle Giant Marcin Podolec

Feine Bleistift- und Tuschezeichnungen in Schwarz-Weiß, zu denen sich übermalte Fotografien gesellen, visualisieren das von Zweifeln und Ängsten bedrängte Innenleben dieses 100 Kilo schweren Hünen.

2016

The Gentle Giant

Animadok
Polen
2016
11 Minuten
Untertitel: 
englische

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Produktion
Piotr Furmankiewicz, Mateusz Michalak
Regie
Marcin Podolec
Musik
Rafał Samborski, Piotr Markowicz
Kamera
Marcin Gierbisz
Schnitt
Marcin Podolec
Animation
Marcin Podolec, Wiktoria Nowak
Buch
Marcin Podolec
Ton
Katarzyna Szczerba, Marek Knaga
Feine Bleistift- und Tuschezeichnungen in Schwarz-Weiß, zu denen sich übermalte Fotografien gesellen, visualisieren das von Zweifeln und Ängsten bedrängte Innenleben dieses 100 Kilo schweren Hünen. Die Lyrik half ihm, zu sich zu finden, und er überwand die Stille, indem er als Slam-Poet die Bühne betrat. In seinen Animationen setzt Marcin Podolec auf das Heterogene, das genau die Zerrissenheit seines Protagonisten dokumentiert.

Cornelia Klauß
Internationales Programm 2013
The Love Equation of Henry Fast Agnieszka Elbanowska

Ein alter Mathematikprofessor und seine erotischen Fantasien und Gelüste. Berührende Geschichte von Sehnsüchten jenseits der 95 – und scharfe Comics, gezeichnet von ihm selbst.

The Love Equation of Henry Fast

Dokumentarfilm
Polen
2013
40 Minuten

Credits DOK Leipzig Logo

Produktion
Adam Ślesicki
Regie
Agnieszka Elbanowska
Kamera
Paweł Nadolny
Schnitt
Agnieszka Elbanowska, Maryla Torbus
Buch
Agnieszka Elbanowska
Die Allgemeingültigkeit einer Gleichung kann entweder mit Axiomen bewiesen oder selber als Axiom vorausgesetzt werden. Ein klassisches Axiom bezeichnet ein unmittelbar einleuchtendes oder konventionell akzeptiertes Prinzip beziehungsweise die Bezugnahme auf ein solches. Welchen Prinzipien die Liebesgleichung des polnischen Mathematikprofessors Henryk Fast folgt, lässt sich möglicherweise durch die Interpretation seiner erotisch anmutenden Zeichnungen herleiten. In jedem Fall deuten die darauf hin, dass Henryk Fast in seinen nicht mehr ganz jungen Jahren nicht nur abstrakte Bedürfnisse hat. Henryk ist hoffnungslos romantisch und möchte schlicht und ergreifend eine Frau finden. Was die Suche erschweren könnte, ist die Tatsache, dass das Bild, das man selbst von der Wirklichkeit hat, nicht unbedingt dem der anderen entspricht. Wie groß die Differenz zwischen diesen Bildern in Henryks Fall ist, lässt sich in manchen Momenten erahnen, etwa wenn seine in Amerika lebende Tochter zu Besuch kommt. Henryks Gleichung beinhaltet mindestens eine Unbekannte, die das Leben dieses liebenswürdigen Herrn so besonders macht und uns jenseits von „konventionell akzeptierten“ Realitäten eine berührende Geschichte von Sehnsüchten im Alter erzählt.

Claudia Lehmann