Zurzeit ist es ruhig in Abchasien, dem halbautonomen kaukasischen Zwergenstaat. Zu ruhig, findet Sportminister Rafael. Mit der sturköpfigen Zielstrebigkeit eines Don Quichotte will er mittels Sport – so funktionierte das zu Sowjetzeiten ja auch – Abchasien wieder zu alten Ehren zurückführen. Ungeachtet der heute verrosteten Schiffe, die wie gestrandete Wale vor den Stränden liegen, und der hoffnungslos vor sich hin welkenden Prunkbauten an der Promenade Sochumis, kämpft er für sein Event: eine Domino-Weltmeisterschaft. Mit bewundernswerter Entschlossenheit trotzt Rafael allen Widrigkeiten: dem fehlenden Strom, der Talentlosigkeit der Sportler und den Tränen seiner Frau, der Moskauer Sängerin Natascha, die für ihn ihre Heimat aufgab. Sie fühlt sich fremd und zerrieben im Kulturstreit zwischen Russland und Georgien, die beide territoriale Ansprüche auf die Region erheben. Nahezu meisterlich ist es Elwira Niewiera und Piotr Rosołowski gelungen, die privaten Familienkonflikte einer Mesalliance mit den zuweilen ins Absurde gehenden politischen Realitäten Abchasiens spiegelbildlich zu verbinden. So, wie das Paar sich noch finden muss, ist das Land auf der Suche nach sich selbst. Der lang nachhallende Schlager zur abchasischen Hauptstadt jedenfalls ist schon mehr als ein Anfang.
Cornelia Klauß
Ausgezeichnet mit der Goldenen Taube im Deutschen Wettbewerb 2014