Filmarchiv

Internationaler Wettbewerb 2017
Licu, a Romanian Story Ana Dumitrescu

Behutsame Annäherung an eine Biografie des 20. Jahrhunderts in Rumänien. Licu hat mit 92 Jahren viel erlebt, und dieses ruhige Porträt gibt ihm und seiner Geschichte Raum.

Licu, a Romanian Story

Dokumentarfilm
Rumänien
2017
86 Minuten
Untertitel: 
englische

Credits DOK Leipzig Logo

Produktion
Ana Dumitrescu, Jonathan Boissay
Regie
Ana Dumitrescu
Kamera
Ana Dumitrescu
Schnitt
Ana Dumitrescu
Ton
Jonathan Boissay
Mit seinen 92 Jahren hat Liviu Canţer, genannt Licu, die Extreme des 20. Jahrhunderts in seiner Heimat Rumänien erlebt – als aufmerksamer Augenzeuge von Weltkrieg, Vertreibung, Ceaușescus Industrialisierung und Überwachung, der Revolution von 1989 und dem korrupten Post-Kommunismus am Rande der EU hat er viel zu erzählen. Aber als letztem (Über-)Lebenden seiner Generation fehlen ihm Altersgenossen, die diese Erfahrungen teilen. Regisseurin Ana Dumitrescu nimmt sich Zeit für ihn und seine Erinnerungen. Sie besucht Licu im Wandel der Jahreszeiten immer wieder mit ihrer Kamera. Sie filmt ihn in seinem Haus, in dem die Familiengeschichte ständig präsent ist. Langsam entwickelt sich eine Beziehung zwischen den beiden – im Verlauf des Films wird sie von einer unsichtbaren Beobachterin zur Besucherin, die von Licu bekocht wird und der er selbstgebrannten Schnaps anbietet. Er breitet sein Fotoarchiv aus. Die glücklichen und die traurigen Tage halten sich die Waage, aber eine gewisse Resignation ist unverhohlen.

Dumitrescu, die als Rumänin in Frankreich aufwuchs, gibt der Geschichte ihres Herkunftslandes einen epischen Raum, in dessen Mitte Licu steht: ein persönliches Schicksal, stellvertretend für die Zeitläufte. Ihre schwarz-weißen Bilder, gedreht mit kleinem Equipment, zeigen ihre Sensibilität als Fotojournalistin, mit der sie uns in die Welt dieses Mannes eintauchen lässt.

Sirkka Möller



Ausgezeichnet mit der Goldenen Taube im Internationalen Wettbewerb (Langfilm);
Nominiert für MDR-Filmpreis

The Magic Mountain

Animadok
Frankreich,
Polen,
Rumänien
2015
87 Minuten
Untertitel: 
englische

Credits DOK Leipzig Logo

Produktion
Anca Damian, Guillaume de Seille, Joanna Ronnikier
Regie
Anca Damian
Musik
Alexander Balanescu
Schnitt
Ion Ioachim Stroe
Animation
Theodore Ushev, Sergiu Negulici, Raluca Popa, Dan Panaitescu and Tomek Ducki
Buch
Anca Damian, Anna Winkler
Ton
Frédéric Théry, Sebastian Wlodarczyk
„Manchmal denke ich, dass ich nicht für diese Zeiten gemacht bin.“ Diese lakonische Feststellung des Protagonisten in Anca Damians zweitem animierten Dokumentarfilm markiert früh in der Erzählung dessen Standort: irgendwie verkehrt. Adam Jacek Winkler, polnischer Fotograf, antikommunistischer Dissident, Bergsteiger und Künstler, ist ein unruhiger Geist, immer auf der Suche nach der edlen Sache, für die zu kämpfen und zu sterben sich lohnt. Ein moderner Don Quijote, dessen Besessenheit ihn bis nach Afghanistan führt, wo er sich den Mudschaheddin im Widerstand gegen die Rote Armee anschließt.

Es ist ein romantischer und gleichzeitig zerrissener Held, von dem uns die Regisseurin erzählt. Hierbei verbindet sie Material aus Winklers persönlichem Archiv (Fotos, Skizzen, Videos) mit dem stilistischen Reichtum des künstlerischen Animationsfilms wie Collagen, grafisch verfremdetem Film- und Fotomaterial, Zeichnungen, Knetanimationen oder schlicht bemaltem Papier, das zu einem Gebirge gefaltet wird. Die verschiedenen Techniken greifen die jeweiligen Situationen auf, wodurch es gelingt, die Gefühlswelt des Protagonisten in eine ganz eigene, mal surrealistische, mal absurd-bittere Filmrealität zu übersetzen. „The Magic Mountain“ ist der zweite Teil einer geplanten Trilogie über moderne Helden, auf deren Abschluss man nach diesem Kinoerlebnis mehr als gespannt sein darf.

Mattias Heeder



Ausgezeichnet mit dem MDR Filmpreis 2015

The Royal Train

Dokumentarfilm
Österreich,
Rumänien
2019
92 Minuten
Untertitel: 
englische
deutsche

Credits DOK Leipzig Logo

Produktion
Johannes Rosenberger, Constantin Wulff, Johannes Holzhausen (Navigator Film), Ada Solomon, Diana Păroiu (HiFilm)
Regie
Johannes Holzhausen
Kamera
Joerg Burger
Schnitt
Dieter Pichler
Buch
Johannes Holzhausen, Constantin Wulff
Ton
Andreas Hamza, Vlad Voinescu
Eine untergegangene Monarchie wird von einer Prinzessin repräsentiert, deren unerschütterliche Mission es ist, dass ihrer Dynastie wieder eine echte Verantwortung für Politik und Wirtschaft in der rumänischen Gegenwart übertragen wird. Mit großer Energie, manchmal auch komischen Ausrutschern, überwiegend aber mit dem gebührenden royalistischen Ernst spielt Prinzessin Margareta von Rumänien ihre Rolle als Subjekt und Objekt der eigenen Kampagne. Aufgeführt wird das Stück vom neuen Wein in alten Schläuchen. Mit höfischer Entourage bereist Margareta „ihr“ Land im gleichen königlichen Zug, auf derselben königlichen Strecke, in dem auch schon ihr Vater König Michael I. den Kontakt zu seinen Untertanen suchte und pflegte. Dass der rote Teppich als offensichtlichstes Symbol von monarchischer Grandezza auch beim kleinsten Zwischenstopp einen makellosen Eindruck zu machen hat, versteht sich von selbst – lässt sich aber nicht immer hundertprozentig herstellen.

Den Betrieb, der sich um diese Reise ins Rückwärts entfaltet, beobachtet Regisseur Johannes Holzhausen mit distanziert-staunender Neugier, offenbart sich darin doch eine vielsagende (Un-)gleichzeitigkeit zwischen altwurzelndem K.-u.-k.-Zeremoniell und aktueller Marketing-Vision.

Ralph Eue