Filmarchiv

Jahr

Internationales Programm 2018
Days of Madness Damian Nenadić

Maja und Mladen leben und leiden in jahrelanger Abhängigkeit von Psychopharmaka. Videotagebuchartig schildert „Days of Madness“ den Versuch, die Kontrolle über das Leben zurückzugewinnen.

Days of Madness

Dokumentarfilm
Kroatien,
Slowenien
2018
74 Minuten
Untertitel: 
englische

Credits DOK Leipzig Logo

Produktion
Oliver Sertić
Regie
Damian Nenadić
Musik
Miro Manojlović, Filip Sertić
Kamera
Maja Šćukanec, Mladen Bađun, Damian Nenadić, Srđan Kovačević
Schnitt
Sandra Bastašić
Ton
Martin Semenčić
Kventiax, Seroquel, Rivotril, Prazine, Normabel … Wenn Mladen und Maja mit einer Mischung aus Abgeklärtheit und Wut all die psychoaktiven Substanzen aufzählen, die ihr Leben bestimmen und die ihre Körper mit ihren toxischen Nebenwirkungen kaputt machen, glaubt man sich in einem Gespräch über schrecklich penetrante Familienmitglieder. Zu ihrer langen und von zahllosen Klinikaufenthalten bestimmten Krankheitsgeschichte kommt hinzu, dass die echten Familienmitglieder, egal ob längst auf dem örtlichen Friedhof begraben oder als Elternpaar verächtlich aus dem Nebenzimmer herausschimpfend, ebenfalls nicht von ihnen ablassen. In enger Zusammenarbeit mit Mladen und Maja, die sich in Form videotagebuchartiger Nahaufzeichnungen selbst porträtieren, zeigt Damian Nenadić zwei Menschen, die von der Gesellschaft mit ihrem Leid allein gelassen wurden – oder deren Leid überhaupt erst durch diese hervorgebracht wurde. Majas Borderline-Störung diagnostizierten die Ärzte als Folge ihrer Transgender-Identität. Mladen, der mit Depressionen aus dem Jugoslawienkrieg heimkehrte, wurde von den Eltern erst einmal zum Priester geschickt. „Days of Madness“ schildert den schrittweisen Versuch, die Kontrolle über das von Psychiatrie, Familie und Kirche entwendete Leben ein Stück weit zurückzugewinnen. „Warum ist eine Borderline-Persönlichkeitsstörung eine Störung und Nationalismus nicht?“

Esther Buss


Nominiert für den MDR-Filmpreis

The Family

Dokumentarfilm
Österreich,
Slowenien
2017
106 Minuten
Untertitel: 
englische

Credits DOK Leipzig Logo

Produktion
Erna Gorše Biček, Rok Biček
Regie
Rok Biček
Kamera
Rok Biček
Schnitt
Rok Biček, Yulia Roschina
Ton
Julij Zornik
Immer wieder ist der Name „Rok“ zu hören. Man solle ihn grüßen, heißt es etwa durchs Telefon, als Matej mit seiner neuen Freundin auf dem Eiffelturm steht. Rok Biček scheint Teil der Familie geworden zu sein, die er über eine Dekade mit der Kamera begleitet hat – was auch die Selbstverständlichkeit erklärt, mit der vor allem Matej agiert. Er ist gewissermaßen das Zentrum dieses Films, der ihn beim Verlassen seiner ursprünglichen Familie und beim Gründen einer eigenen beobachtet. In keiner von beiden hat er es leicht. Matej wurde in eine Familie geboren, deren Mitglieder, im Gegensatz zu ihm, geistig wie körperlich eingeschränkt sind. Der Umgangston ist ruppig und von Missverständnissen geprägt. Die besonderen Unüberwindbarkeiten verursachen Schmerzen.

In der neuen Familie mit seiner ersten Freundin ist wiederum gleich zu Beginn ein Mann präsent, der Matejs Nachfolger werden soll. Dennoch zeugt das Paar Nachwuchs, obwohl Matej früh über eine Sterilisation nachdenkt. Rok Biček changiert in seinem Film zwischen Aufnahmen, die Matej als Jugendlichen zeigen, und solchen vom jungen Erwachsenen und Vater. Einige Fragen, die zunächst offen bleiben, beantworten sich nach und nach, andere werden nicht berührt. Die Souveränität des Erzählens und das Gespür für Situatives heben diesen Film heraus.

Carolin Weidner


Nominiert für MDR-Filmpreis