„Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr. Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben, wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben und wird in den Alleen hin und her unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.“ Mit der Rezitation von Rainer Maria Rilkes Gedicht „Herbsttag“ beginnt die Geschichte von Renata. Schon in dieser ersten Einstellung kann man sich ihrer Ausstrahlung kaum entziehen, mit der Ankunft des Films im Gefängnis beginnt das Kopfkino. Wer ist sie? Was hat sie getan? Hat sie jemanden umgebracht? Warum? Bereut sie? Zu sehr wirkt Renata wie die Femme fatale eines klassischen Film noir und ihre Unruhe und Verlorenheit spiegelt sich bereits in den Versen des Dichters wider.
In den Gesprächen mit dem Regisseur, auch mit den koketten, direkten Blicken in die Kamera, legt es Renata geradezu darauf an, wie eine Filmfigur wahrgenommen zu werden. Stückchenweise erfahren wir mehr von dieser Frau und ihrer Persönlichkeit, lernen dabei auch das fragende Gegenüber kennen. Es ist ein Doppelporträt des Filmemachers und seiner Protagonistin, wobei man Letztere wohl nie ganz zu fassen bekommen wird. Ein Lehrstück über die Grenzen der Abbildbarkeit der menschlichen Natur, ihrer Spielweisen und Geheimnisse.
Frederik Lang