Filmarchiv

Internationales Programm 2019
Above the Styx Maria Stoianova

Ostern auf einem Kiewer Friedhof: Menschen strömen an die Gräber ihrer Geliebten, speisen mit ihnen und zelebrieren das Leben. Eine intime Gesellschaftsstudie eines traditionsreichen Landes.

Above the Styx

Dokumentarfilm
Ukraine
2019
29 Minuten
Untertitel: 
englische

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Maria Stoianova
Maria Stoianova
Anna Khvyl
Maria Stoianova, Yulia Danylchuk, Maria Terebus, Liudmyla Paraskiva, Kateryna Rybachuk, Anastasiya Feshchuk, Ivan Bershadskyi, Alla Onopchenko
Maria Stoianova
Maria Terebus
Andrii Rogachov
Ganz präzise steckt ein junger Mann Plastikblümchen in die Erde. Ein älteres Paar baut ein Picknick direkt neben dem Grab auf. Ein Törtchen, belegte Brote, Eier. Es ist Ostern auf einem Kiewer Friedhof. Unzählige Menschen strömen an die Gräber ihrer Geliebten, um das Leben zu zelebrieren, ihrer Verstorbenen zu gedenken und sich vom Priester ein paar Tropfen Weihwasser abzuholen. Dem Regiekollektiv gelingt eine intime Gesellschaftsstudie ihrer traditionsreichen Heimat.

Julia Weigl
Internationales Programm 2013
Cornered Dmytro Tiazhlov

Das ukrainische Dörfchen Panasivka ist abgehängt vom öffentlichen Verkehr. Eine beherzte Bürgerin nimmt den Kampf mit den Behörden auf … Vergnügliche Lektion in Demokratie.

Cornered

Dokumentarfilm
Ukraine
2012
25 Minuten
Untertitel: 
englische

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Ella Shtyka
Dmytro Tiazhlov
Dmytro Tiazhlov
Dmytro Tyazhlov
Karim Fadl Naser
Im ukrainischen Panasivka leben noch um die 50 Leute, meist Alte. Früher gab es hier eine Schweinefarm, eine Post, eine Bank und dreimal täglich Busse in die Stadt. Wer heute einkaufen will, muss sich in einem der (sich in ständiger Reparatur befindenden) Autos über eine staubige Buckelpiste durch den Wald quälen – die Straße wurde nie fertig gebaut. Doch die findige Bürgerin Zoya Ivanivna Shulha erinnert sich eines einst von Väterchen Yanukovich erlassenen Dekrets, das allen Einwohnern die Anbindung an den öffentlichen Verkehr verspricht, sowie an ein zweites, das Transparenz in behördlichen Entscheidungen zusichert. Also geht man sie an, die Mühen der Ebene: Briefe werden geschrieben, bei ob des Ansinnens ungläubigen bis amüsierten Bäuerchen Unterschriften gesammelt („Wozu? Bringt ja doch nichts.“) und zwischendurch Wodkas auf das Vaterland ausgeschenkt. Schließlich wird gar der Präsident adressiert und der Privatisierung des öffentlichen Sektors ein ordentliches Schnippchen geschlagen.
Wir erinnern uns an die Satiren Soschtschenko’schen Einschlags: "Das Flugwesen, es entwickelt sich". Die Demokratie, sie entwickelt sich auch.

Grit Lemke
Internationales Programm 2016
People Who Came to Power Oleksiy Radynski, Tomáš Rafa

Lagerfeuer, Zelte, Barrikaden, Panzerfahrzeuge, maskierte Soldaten, aufgebrachte Massen, Losungen skandierend, an den Wänden Bilder der Gefallenen, aus einem Auto lädt man Särge.

People Who Came to Power

Dokumentarfilm
Ukraine
2015
17 Minuten
Untertitel: 
englische

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Lyuba Knorozok
Oleksiy Radynski, Tomáš Rafa
Tomáš Rafa
Oleksiy Radynski, Tomáš Rafa, Jan Wachowski
Veronika Kanisheva
Lagerfeuer, Zelte, Barrikaden, Panzerfahrzeuge, maskierte Soldaten, aufgebrachte Massen, Losungen skandierend, an den Wänden Bilder der Gefallenen, aus einem Auto lädt man Särge. Die ruhelose Kamera fängt Flaggen ein, vorzugsweise die russische, die der Volksrepublik Donbass, selten nur (auf der gegnerischen Seite) die ukrainische. Überall redet man von Frieden, aber die Fakten sagen: Krieg. Die beunruhigende Momentaufnahme eines anarchischen Chaos, das einmal Freiheit sein wollte.

Grit Lemke
Internationales Programm 2014
Positive Polina Kelm

Schnittmeisterinnen in einem Kiewer Filmstudio. Verstaubte Büchsen, knarrende Maschinen – eine zärtliche Reminiszenz an die verschwindende Welt des analogen Films und des Kollektivs.

Positive

Dokumentarfilm
Ukraine
2014
29 Minuten
Untertitel: 
englische

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Svitlana Zinovyeva
Polina Kelm
Anton Baibakov
Maryna Liapina, Anna Voytenko, Ruslan Girin
Polina Kelm
Polina Kelm
Dmytro Skrypka
Sie sind ein echtes Kollektiv von altem Schrot und Korn, arbeiten und seufzen zusammen, kochen Eier mit dem Tauchsieder, tanzen auf der Weihnachtsfeier mit dem einzigen vorhandenen Mann und füttern treu ein paar Katzen durch. Lena, Taya und Tamara sind Schnittmeisterinnen in einem Kiewer Filmstudio. In schummrigen Gängen türmen sich verstaubte Büchsen mit dem Material ruhmreicher vergangener Zeiten, und knarrend drehen sich an den Uralt-Schneidetischen die Teller.
Zärtlich richtet Polina Kelm den Blick auf eine verschwindende Welt, in der Filme mit buchstäblichem Fingerspitzengefühl gemacht und ohne krachendes Popcorn mit respektvoller Aufmerksamkeit bedacht wurden, in der es um Handwerk ging und die doch im Stillstand verharrte wie ein ganzes Land. Zwar träumen die Frauen an ihren Klebepressen von einem Werk wie „Avatar“ – wohl wissend, dass ihr Studio und sie nie Teil dieser Industrie sein werden. Doch in einem haben sie zweifellos recht: Ein guter Film braucht kein 3D.
Grit Lemke

Swan

Animationsfilm
Ukraine
2014
4 Minuten
Untertitel: 
keine

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Kateryna Zabavko
Oleksandr Danylenko
Kwoon
Oleksandr Danylenko, Kateryna Zabavko
Oleksandr Danylenko
Oleksandr Danylenko, Sandy Lavallart
Sandy Lavallart
Unsere Seelen sind wie Schwäne. Wir haben im Leben nur eine wahre Liebe. Aber die wahre Liebe schert sich nicht um Zeit und Entfernung.
Internationales Programm 2015
The Dybbuk. A Tale of Wandering Souls Krzysztof Kopczyński

In Uman prallen chassidische Pilger und ukrainische Bürger aufeinander. Antisemitismus und Nationalismus, soziale Ungleichheit und Ängste, Legenden und Rituale. Komplexe Betrachtung.

The Dybbuk. A Tale of Wandering Souls

Dokumentarfilm
Polen,
Schweden,
Ukraine
2015
90 Minuten
Untertitel: 
englische

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Krzysztof Kopczyński, David Herdies, Gennady Kofman
Krzysztof Kopczyński
Jacek Petrycki, Serhiy Stefan Stetsenko
Michał Leszczyłowski
Krzysztof Kopczyński
Mateusz Adamczyk, Marcin Lenarczyk, Sebastian Witkowski
Mit einem Ausschnitt aus dem jiddisch-sprachigen polnischen 30er-Jahre-Klassiker „Der Dybbuk“ reißt gleich zu Beginn eine Wunde auf: Die Welt des Schtetls mit ihrem alten Volksglauben gibt es nicht mehr. Doch der Totengeist, der Dibbuk, wandert auch jetzt noch umher. Und er hat viele Gesichter.

Aus der Vergangenheit tauchen wir im ukrainischen Uman kurz vor dem „Euromaidan“ wieder auf. Ein heiliger Ort für Tausende orthodoxe Juden, die während des Neujahrsfestes zum Grab des chassidischen Rabbis Nachman pilgern und das Stadtbild verwandeln. Zum Ärger ukrainischer Mitbürger, die sich vor einem Ausverkauf fürchten und mit Provokationen reagieren. Mal mit einem illegal aufgestellten Kreuz, mal mit einer Informationstafel zu Ehren des antisemitischen Kosakenführers und Schlächters Ivan Gonta. Oder etwas subtiler mit Extragebühren für einen koscheren Imbiss.

Die Welten prallen vielgestaltig aufeinander. Mit großer Neugierde fängt Krzysztof Kopczyński die kaum zu vereinbarenden Legenden und Rituale ein, die auf beiden Seiten zum Leben erwachen. Hier ein vollkommen verarmtes Land im Selbstfindungsprozess, begleitet von nationalistischen Tönen. Dort eine verlorene Tradition und die Erfahrungen des Holocausts. Wem gehört das Land? Der Film schöpft aus der Fülle des Materials, das voller Eindrücke, ungeschliffener Szenen und Fabeln steckt, und fördert dabei auch Unerwartetes zu Tage.

Lars Meyer

The Winter Garden’s Tale

Dokumentarfilm
Tschechische Republik,
Ukraine
2018
75 Minuten
Untertitel: 
englische

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Alex Chepiga, Taras Bosak, Artem Koliubaiev
Simon Mozgovyi
Roman Grygoriv, Elliah Razumeiko
Denis Melnik
Mykola Bazarkin, Simon Mozgovyi
Simon Mozgovyi
Natalya Avramenko, Andrii Nidzelskyi, Michal Pajdiak
45 Jahre lang, ihr ganzes Arbeitsleben hindurch, hat Valentina Voronina im mittlerweile stark renovierungsbedürftigen Gewächshaus der „Ausstellung der Errungenschaften der Volkswirtschaft der Ukrainischen Sowjetrepublik“, dem heutigen „Expocenter der Ukraine“, in Kiew gearbeitet. Inmitten ihres kleinen Pflanzenreiches verbringt sie ihre Tage in einem bescheidenen Holzbungalow in der Nähe des imposanten, aber verfallenden Riesenwintergartens. Nun, mitten in den Vorbereitungen auf den nächsten Winter, soll sie gehen. Die Leitung will man einem Landschaftsarchitekten übertragen. Doch Valentina Voronina ist nicht gewillt, so einfach zu weichen. Sie ist überzeugt, dass Wohl und Wehe der Pflanzen von ihr, und zwar ganz persönlich, abhängen. Mit einem Mal scheint ihr Lebenswerk, scheint die Geschichte des Gewächshauses, von der die Pflanzen zeugen, bedroht. Ein Film über das Ende einer Ära.

Fabian Tietke


Nominiert für den MDR-Filmpreis