Filmarchiv

Jahr

Internationaler Wettbewerb 2018
No Obvious Signs Alina Gorlova

Eindringliche Studie über eine hochdekorierte ukrainische Soldatin, die nach ihrem Einsatz mit Panikattacken kämpft und große Schwierigkeiten hat, wieder im zivilen Alltag anzukommen.

No Obvious Signs

Dokumentarfilm
Ukraine
2018
62 Minuten
Untertitel: 
englische

Credits DOK Leipzig Logo

Mariya Berlinska, Alina Gorlova
Alina Gorlova
Ptakh Jung
Oleksiy Kuchma
Alina Gorlova
Alina Gorlova
Vasyl Yavtushenko
Seit 2014 brodelt in der Ukraine ein Krieg, der das Land destabilisiert und die Menschen traumatisiert. Reservisten wie die circa 50-jährige Oksana, die nach ihrer Dienstzeit als Soldatin die Armee hochdekoriert verlassen hat, kämpfen mit den psychischen Folgen ihrer Erlebnisse. Denn wenn der Körper äußerlich unversehrt erscheint, bleiben seelische Verletzungen oft unbemerkt – von Ärzten genauso wie von den Betroffenen selbst.

Oksana leidet unter Angst und extremen Panikattacken und gehört zu den wenigen, die ihre posttraumatische Belastungsstörung in der Ukraine unter ärztlicher Aufsicht behandeln lassen können. Der Film begleitet die starke, reflektierte Frau auf ihrem Weg zurück ins Leben und zeigt eindrücklich, wie unauslöschlich sich der Krieg in das Leben hineinfrisst.

Luc-Carolin Ziemann


Ausgezeichnet mit dem MDR-Filmpreis

Rodnye (Close Relations)

Dokumentarfilm
Estland,
Deutschland,
Lettland,
Ukraine
2016
112 Minuten
Untertitel: 
englische

Credits DOK Leipzig Logo

Simone Baumann, Guntis Trekteris, Natalya Manskaya, Marianna Kaat
Vitaly Mansky
Harmo Kallaste
Aleksandra Ivanova
Pēteris Ķimelis, Gunta Ikere
Vitaly Mansky
Harmo Kallaste
Immer wieder hat sich über die letzten Jahre in Vitaly Manskys Filme seine eigene Stimme eingeschlichen. Ein lakonischer Kommentator ist er dabei, bewusst sachlich und doch nicht ohne Emotion. Er wünschte, er hätte diesen Film nie machen müssen. Damit beginnt „Rodnye (Close Relations)“, sein Bericht über das ereignisreiche Jahr zwischen Mai 2014 und Mai 2015. Für die Ukraine – und um die geht es – war es das wichtigste seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs: ein politisches Dauererdbeben, das keinen Stein auf dem anderen ließ, und das, um im Wortfeld der sozialen Seismografie zu bleiben, tiefe Gräben zwischen die Menschen riss. Manskys Gratwanderung führt dabei nicht zu irgendwelchen Menschen, sondern zu seinen nächsten Familienmitgliedern. Das Geburtshaus in Lwiw ist Ausgangspunkt einer Reise, die so manches bietet. Überraschungen: Die Mutter spricht Ukrainisch, ein Großonkel lebt noch – im Donbass! Aber auch Enttäuschungen: Die Tanten – eine in der Westukraine, eine auf der Krim – reden nicht mehr miteinander. Und Erschütterungen: Der Sohn der Cousine muss zum Wehrdienst, und das bedeutet Ende 2014 mehr als sonst.

Mansky selbst hat mittlerweile seinen Wohnsitz in Kremlnähe geräumt und lebt, wie so viele, in der Emigration. Davon, dass in der immer noch zerfallenden „Heimat“ kein Platz für Nostalgie ist, handelt sein Film – der Annäherungsversuch eines sich Entfremdenden.

Barbara Wurm


Nominiert für MDR-Filmpreis
Internationaler Wettbewerb 2016
The Leading Role Serhiy Bukovsky

Sie war Filmdiva, Muse eines Regiestars der Sowjetunion – und Mutter des Regisseurs, der nun fragt, was in ihrem Leben die Hauptrolle spielte. Zärtliche Demontage einer Inszenierung.

The Leading Role

Dokumentarfilm
Ukraine
2016
63 Minuten
Untertitel: 
englische

Credits DOK Leipzig Logo

Maksym Asadchy
Serhiy Bukovsky
Giya Kancheli
Anatoliy Khymych, Serhiy Bukovsky
Svitlana Zaloga, Maksym Desyateryk
Serhiy Bukovsky
Ihor Barba, Borys Peter
Ihr Gesicht gleicht einer Landschaft voller Risse und Furchen, die Stimme tief, rau und sinnlich. Sie raucht, trinkt, ist unwirsch – und lässt ahnen, wie schön und stolz sie einst war und auf ihre Art immer noch ist. Nina Antonova war ein Filmstar in der einstigen Sowjetunion, mehr noch, die Muse Anatoliy Bukovskys, seines Zeichens vielbeschäftigter Regisseur, Arbeitstier und Charismatiker. Sie waren 48 Jahre lang miteinander verheiratet. Er ist die Leerstelle in dem Film, 2006 verstorben. Geblieben sind der Lenin-Orden und etliches anderes „Metall“, unauffindbar irgendwo in der Wohnung voller Erinnerungen an einstige Erfolge, die sich zwischen Mutter und Sohn gestellt haben. Für ein Kind gab es damals keinen Platz.

Serhiy Bukovskys Antwort auf die Welt der Maske, der Premieren und des roten Teppichs: Er ist Dokumentarfilmer geworden und richtet nun die Kamera auf seine Mutter. Er taucht sie in weiches Licht, zeichnet zärtliche Züge und stellt sie zur Rede. Die szenischen Arrangements pendeln zwischen Hingabe und Demontage, Inszenierung und Konfrontation. Alles kommt auf den Prüfstand. Ödipus light. „Vergiss Stanislawski“, ruft er ihr zu – einer Schauspielerin in der Rolle einer Mutter.

Cornelia Klauß


Nominiert für MDR-Filmpreis