Am 18. Oktober 2011 erhält der Sheriff von Zanesville in Ohio einen aufgeregten Anruf: Die Tiere, die der Sonderling Terry Thompson völlig legal auf seiner Ranch hält, würden durch das County streifen. Alarm! Ein schwer bewaffneter Polizeitross tötet in jener Nacht über 56 Bären, Tiger, Wölfe, Leoparden und Löwen. Thompson hatte die Käfige geöffnet, sich erschossen und den Tieren seinen Körper als Nahrung angeboten. So weit, so gut, so amerikanisch.
Das bizarre Geschehen verwandelt der britische Medienkünstler Ramon Bloomberg in eine Erzählung Brecht’scher Prägung. Dessen Lehrstück „Der Jasager“, das überlieferten Brauch und formalisiertes Gesetz thematisiert, verbindet Bloomberg mit der anarchistischen Freiheitslogik der amerikanischen Siedlermentalität, die jede Staatlichkeit als Einschränkung individueller Freiheitsrechte bekämpft: Ich bin der Herr über meine Tiere, mein Land, mein Haus, meine Familie. Basta!
Bloomberg übersetzt episches Theater in die Sprache des Films zu Zeiten der Play-Station-Spiele. Realaufnahmen wechseln mit Bildern der Videokamera aus Streifenwagen, Google-Earth-Data-Mining-Sequenzen und computeranimierten Reenactments. Dazu hören wir Protokolle und Aussagen der Beteiligten sowie einen Kommentar in Form des (antiken) Chors, der Stimme des Gesetzes, des Nachbarn und des Tiers. Nur Terry Thompson hören wir nicht. So bleibt sein Motiv ein großes Geheimnis.
Matthias Heeder
Lobende Erwähnung im Internationalen Wettbewerb Animationsfilm 2014