Filmarchiv

Jahr

Stress

Dokumentarfilm
Deutschland,
USA
2018
83 Minuten
Untertitel: 
deutsche

Credits DOK Leipzig Logo

Produktion
Florian Baron, Herbert Burkert
Regie
Florian Baron
Musik
Yunas Orchestra, Jana Irmert, Fatima Camara
Kamera
Johannes Waltermann
Schnitt
Clemens Walter
Buch
Florian Baron
Ton
Jana Irmert, Linus Nickl, Nils Vogel-Bartling
Bildung DOK Leipzig Logo

Altersempfehlung: ab 15 Jahre
Klassenstufen: ab 10. Klasse 

Themen: Krieg, Gewalt, Trauma, Verarbeitung, Sprache, psychische Krankheit/Gesundheit
Unterrichtsfächer: Gemeinschaftskunde, Religion, Ethik, Politik, Englisch, Deutsch, Philosophie

Zum Inhalt

In Stress zeichnet der Münchner Regisseur Florian Baron ein ungewöhnliches Portrait von fünf Menschen, die als Soldaten im Dienst des US-Militärs dienten und nun versuchen, wieder im Alltag Fuß zu fassen. Ihre Erfahrungen in Afghanistan haben sie zu Außenseitern gemacht, die einen ganz eigenen Blick auf das heutige Amerika haben. Joe und Torrie, Mike, James und Justin sprechen darüber, aus welchen Gründen Sie sich damals für den Armeedienst entschieden haben. Keiner war sich über die lebensverändernden Auswirkungen des Krieges wirklich bewusst und für alle ist es schwer, sich wieder in einem Leben jenseits des Kriegszustandes einzuleben. 

Der Regisseur Florian Baron hat in langen Gesprächen mit seinen Protagonisten viele vermeintliche Gewissheiten hinterfragt und zeigt in eindrücklichen Bildern, wie schwer es fällt, Ängste und Schwächen einzugestehen. Ein Film, der deutlich zeigt, welche zerstörerischen Folgen ein Krieg hat, selbst wenn er lange zurückliegt oder am anderen Ende der Welt stattfindet.

9/11-Trauma, Ideologie der gewalttätigen Genugtuung, Militärdienst als patriotische Familientradition, die „Unfairness“ heutiger Kriegsführung – fünf junge Veteranen des Afghanistankriegs setzen aus dem Off zunächst ein Fundament bekannter Bauart. Joe, Torrie, Mike, James und Justin aus Pittsburgh wenden uns nur langsam ihr Gesicht zu. Körperlich unversehrt, aber mit innerem Schmerz, sind sie nach ihrer Rückkehr zu Unverstandenen geworden. Ihre brutale Erfahrung spricht eine Sprache, die das Umfeld zu Hause nicht versteht. „Stress“ setzt mit einer künstlerischen Form an, die das gesprochene Wort mit all seinen untrüglichen Gefühlszeichen beeindruckend heraushebt und das Kokondasein sowie die Spannung eines permanenten Alarmzustands in aller Komplexität physisch erlebbar vermittelt. In extremer Langsamkeit begleiten Kamera und Sound mit Alltagsaufnahmen albtraumwandlerisch die mündlichen Beschreibungen der Kriegserlebnisse. Plastische Beinahe-Stillleben entstehen, in denen alles von allen Seiten betrachtet werden kann, aber doch ungreifbar bleibt. Es offenbart sich ein Leben hinter Glas und in einer bleiernen Zeit, die gnadenlos vorangeht, aber kein wirkliches Fortkommen ermöglicht. Die lang nachhallende Coda der berauschenden und beklemmenden Komposition: die Überzeugung von Torrie, dass das Militär am Ende trotz allem ein guter Platz zum Erwachsenwerden ist.



André Eckardt





Ausgezeichnet mit dem DEFA-Förderpreis für einen herausragenden langen deutschen Dokumentarfilm Nominiert für den Dokumentarfilmpreis des Goethe-Instituts


Next Masters Wettbewerb 2015
TransFatty Lives Patrick O'Brien

Mit 30 erhält DJ TransFatty die tödliche Diagnose: ALS … und richtet fortan die Kamera auf sich. Die Chronik eines Verfalls – sarkastisch, selbstironisch, böse, wild, schräg. Rolli-Punk.

TransFatty Lives

Dokumentarfilm
USA
2015
84 Minuten
Untertitel: 
englische

Credits DOK Leipzig Logo

Produktion
Patrick O'Brien, Michele Dupree, Amelia Green-Dove, Darin Hallinan, Marcia Mohiuddin, Doug Pray
Regie
Patrick O'Brien
Musik
Bradford Reed
Kamera
Ian Dudley
Schnitt
Lasse Jarvi
Animation
Augenblick Studios, Inc.
Buch
Patrick O'Brien, Lasse Jarvi, Doug Pray
Ton
Lenny Schmitz
Der Autor, Regisseur und Protagonist des aufwühlenden „Kunstprojektes meiner Existenz“ war 30, als er die Diagnose erhielt: ALS. Eine degenerative Nervenerkrankung, in deren Folge sich ein Muskel nach dem anderen abschaltet, bis der Patient schließlich erstickt. Allein das Gehirn bleibt bis zum letzten Atemzug intakt. Patrick, ein anarchischer Underground-Filmer und Millionen von Fans aus dem Internet als DJ TransFatty bekannt, richtet vom Moment des ärztlichen Befundes an die Kamera auf sich. In Form eines Briefes an seinen Sohn, den er – unglaublich genug – halb gelähmt noch zeugte, erzählt er seinen fortschreitenden Verfall als eine Art Reise. In Erinnerungen an ein vergangenes Leben mit Clips aus frühen wilden Filmen brechen Bilder der beginnenden Lähmung ein, bis sich die Erzählung vollständig auf das Jetzt konzentriert. Das aber ist, trotz fortschreitendem Kontrollverlust, von einer enormen, auch künstlerischen Betriebsamkeit und beschert uns die sicher schrägste Rolli-Sequenz des jüngeren dokumentarischen Kinos. Gleichzeitig sind Zweifel, Liebeskummer oder politische Kommentare so selbstironisch und heiter-sarkastisch in diese Chronik eingebaut, dass das Bild des paralysierten Körpers verschwindet hinter dem kreativen Geist, der fest entschlossen ist, sich der Welt mitzuteilen. Das Wunderbare ist, dass Patrick O‘Brien sein Leben tatsächlich in ein Kunstwerk übersetzt hat.

Matthias Heeder



Ausgezeichnet mit dem Young Eyes Film Award 2015