Otto René Castillo, der in seiner Heimat Guatemala bis heute als wichtigster Dichter verehrt wird, studierte 1959-1962 im Exil in Leipzig Literatur, bevor er zur DEFA ging, um sich dem Medium Film zu widmen. 1963 kehrte er zurück, schloss sich der Guerilla an und wurde 1967 von der guatemaltekischen Armee grausam getötet.
Jahre später begibt sich sein früherer Kollege Karlheinz Mund auf Spurensuche in Guatemala und der DDR. Bruchstückhaft, aus Erinnerungen seiner Weggefährten, Frauen und Kollegen, aus Gedichten und Briefen setzt sich das Bild eines Menschen zusammen, der es nicht ertrug, „nur zu reden, wenn andere sterben“. Ein Bild, das unvollständig bleiben muss. Mund und der Schriftsteller Fritz Rudolf Fries, der den Kommentar schrieb, sind Fragende, und hinter der Reflexion über einen kompromisslosen Künstler und Freund steht die unausgesprochene Erkenntnis des eigenen Scheiterns in einem Land, das sich im Mittelmaß eingerichtet hat.
Der Name Castillo ist auf schicksalshafte Weise mit diesem Festival verbunden: Otto René Castillo war 1961 Mitglied der Jury der Leipziger „Dokumentar- und Kurzfilmwoche“ (woran sich der kubanische Regisseur Octavio Cortázar im Film erinnert), was ihn mit zu seinem Wechsel zur DEFA bewogen haben dürfte. 1983 war sein – heute noch in Leipzig lebender - Sohn, Patrice Castillo, einer jener Jugendlichen, die als Teil der DDR-Friedensbewegung während des Festivals jene legendäre „Kerzendemo“ veranstalteten, die brutal verhaftet wurden und lange Freiheitsstrafen verbüßen mussten.
– Grit Lemke